Nanjing – Sitz des weltweit größten (Binnen-)Hafens

Nanjing nimmt eine wichtige Stellung in der chinesischen Geschichte und Kultur ein, da es mehrmals als Hauptstadt verschiedener Dynastien, Königreiche und republikanischer Regierungen diente. Sie ist seit mehr als tausend Jahren eine der wichtigsten Städte der Nation und als eine der vier großen historischen Hauptstädte Chinas bekannt. Folglich ist die Stadt seit langem ein bedeutendes Zentrum für Kultur, Bildung, Politik und Wirtschaft, wodurch sie den Status einer Unterprovinzstadt (von nur fünfzehn) in den Verwaltungsstrukturen Chinas erhalten hat. Das bedeutet, dass Nanjing eine nur etwas geringere rechtliche und wirtschaftliche Autonomie genießt als die einer Provinz.

Die Lage ist alles

Bereits in der Jin-Dynastie wurde die Stadt zunächst unter einem anderen Namen chinesische Nationalhauptstadt. Der Name Nanjing, was „Hauptstadt des Südens“ bedeutet, wurde erst etwa sechshundert Jahre später während der Ming-Dynastie offiziell für die Stadt bestimmt.
Nanjing profitiert von seiner vorteilhaften geografischen Lage am Unterlauf des Jangtse-Flusses, direkt am Anfang des enormen Flussdeltas. Es ist also kein Wunder, dass sich die Stadt so vorteilhaft entwickelt hat und zu einem sehr wichtigen Verkehrsknotenpunkt für in Ostchina geworden ist.

Kohlebergwerke ohne Kohle

In den 1950ern, nachdem die Volksrepublik China gegründet wurde, investierte man stark, um eine umfassende Industrialisierung zu schaffen. Nanjing sollte zu einem leistungsfähigen Schwerindustriezentrum in Ostchina ausgebaut werden. In ihrem Übereifer, eine Industriestadt von „Weltrang“ zu errichten, machte die Regierung auch viele katastrophale Fehler, wie beispielsweise die Investition von Hunderten Millionen Yuan in die Förderung nicht existenter Kohle.

Heute erstrecken sich die wirtschaftlichen Aktivitäten über viele verschiedene Bereiche: Elektronik-, Automobil- und petrochemische Industrie, Eisen- und Stahlproduktion, Finanzdienstleistungen, etc. Diese zentralen Industriezweige sind Quelle für Wohlstand geworden und zusätzlich hat die Stadt auch ausländische Investoren angezogen: Multinationale Unternehmen wie Siemens, Ericsson, Volkswagen, Iveco und Sharp haben Produktionsstandorte in Nanjing errichtet. Weitere Firmen wie Ford, IBM, Lucent, Samsung und SAP haben neben chinesischen Akteuren wie Huawei, ZTE und Lenovo auch Forschungszentren in der Stadt eingerichtet.

König Schiene

Wie oben beschrieben, ist Nanjing eine wichtige logistische Drehscheibe für Ostchina und das untere Jangtse-Flussgebiet. Insbesondere vier Brücken über und zwei Tunnel unter den Jangtse sind wichtige Verbindungen zum Rest von China.

Die Stadt dient als Bahnknotenpunkt für die Beijing-Shanghai-Bahn (Jinghu), die Nanjing-Tongling-Bahn (Ningtong), die Nanjing-Qidong-Bahn (Ningqi) sowie die Nanjing-Xi'an-Bahn (Ningxi), die die Hefei-Nanjing-Bahn umfasst.
Nanjing ist angeschlossen an das bedeutende nationale Hochgeschwindigkeitsschienennetz und leigt an den Verbindungen Beijing-Shanghai und Shanghai-Wuhan-Chengdu. Einige weitere Hochgeschwindigkeitsbahnverbindungen sind derzeit in Bau. Zu den wichtigsten Bahnhöfen zählt „Nanjing Railway Station“, der zu Chinas Top-Ten-Eisenbahnknotenpunkten gehört.

„Nanjing South Railway Station“ ist Asiens größter Bahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge – und das in einem Land, dass ohnehin schon mit unglaublichen Rekordbauten und -projekten aufwarten kann. Gemessen an der Gesamtfläche gilt er als der zweitgrößte der Welt.
„Nanjing East Railway Station“ ist der größte Rangierbahnhof in Ostchina und liegt landesweit auf Platz 15. Vierzehn weitere Bahnhöfe spielen eher untergeordnete, regionale Rollen.

Heimat eines der bedeutendsten Seefahrer aller Zeiten

Mit seiner Lage direkt am Anfang des Jangtse-Deltas stellt Nanjing ein wichtiges (und historisches) Schifffahrtszentrum in China dar. Der Hafen kann auf eine lange Geschichte blicken, die bis zu den alten Dynastien zurückreicht, als er zu einem bedeutenden Handelshafen wurde. In der Yuan-Dynastie war Nanjing einer der Seehäfen für den Transport von Getreide aus dem Süden in den Norden. In der Ming-Dynastie wurde der Hafen von Nanjing zur Ausgangsbasis von Zheng Hes Erkundungsreisen. Dieser legendäre Entdecker und Admiral kommandierte eine für die damalige Zeit gewaltige Flotte und kreuzte zahlreiche die regionalen Ozeane und Meere, inklusive Besuchen in Ostafrika, der arabischen Halbinsel, Indien, Indonesien, etc.

Größter (Binnen-)Hafen der Welt

Der heutige Hafen ist eine wichtige multimodale Drehscheibe und der einzige mit einem Bahnanschluss im Jangtse-Delta. Mit der Fertigstellung eines 12,5-Meter-Tiefwasserkanalprojektes wurde er der zum am weitesten im Landesinneren gelegene internationale Tiefwasserhafen in China. Aus diesem Grund ist er verstädnlicherweise bestens als Umschlagplatz von Fluss- auf Seetransport geeignet.
Auch die Anbindung an die Bahn ist von entscheidender Bedeutung, da sie die Verbindung zu Chinas Bahnnetz ganz China und darüber hinaus den Zugang zur Neuen Seidenstraße sicherstellt. 2021 erzielte der Hafen einen Frachtumschlag von 107,57 Millionen Tonnen und ein Containervolumen von 3,1 Millionen TEUs.

Symbol des Stolzes

In den 1960er Jahren wurde die erste Nanjing-Jangtse-Brücke fertiggestellt und war damals die einzige Brücke über den unteren Jangtse. Die Brücke war ein Zeichen des Stolzes und ein wichtiges Symbol für das moderne China, da sie von den Chinesen in Eigenregie gestaltet und errichtet wurde, nachdem man sich zunächst auf die sowjetische Expertise verlassen, diese dann aber abgelehnt hatte. Mit dem Bau wurde 1960 begonnen und die ohne ausländische Hilfe fertiggestellte Brücke 1968 eröffnet. Die Brücke verfügt über eine doppelstöckige Straßen- und Schienentrasse, die auf dem Oberdeck eine Länge von 4,6 km überspannt, mit etwa 1,5 km Spannweite über den Fluss selbst. Seither wurden vier weitere Brücken und zwei Tunnel gebaut.
Es wird spannend bleiben, wie sich diese historische Metropole weiterentwickeln wird.