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Die Zukunft ist vertikal - Automatisierte Hochregaltechnik für ganze Container

BoxBay setzt neue Maßstäbe in der Hafenlogistik

Ganze Container in die Höhe stapeln, um vorhandene Lagerkapazitäten besser nutzen zu können? Genau das erlaubt nun das Pilotprojekt BoxBay, im Hafen Jebel Ali in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ja, richtig gehört – es geht um ein Hochregal mit ganzen Containern! Das neue Hochlagerregalsystem steht nach einer ausgiebigen Testphase in den Startlöchern, um in den Weltmarkt einzutreten. Platzsparen, hohe Flexibilität und eine höhere „Bedienerfreundlichkeit“ inklusive.

In Zeiten konstanten Wachstums des globalen Warenumschlags hat der Ausbau von Lagerflächen in der Hafenlogistik oberste Priorität. Der Großteil aller bestehenden Containerhafenanlagen liegt nah an dicht bebauten Städten. Viele haben dadurch, aber auch aufgrund ihrer historischen Bedeutung, ihre Wachstumsgrenzen erreicht – es gibt kaum noch Kapazitäten für Lagerflächen. Doch was macht man bei Platzmangel? Richtig, wie beim Häuserbau geht es in die Höhe.

Mehr Platz muss her

Da das weltweite Transportvolumen, aber auch die Größe von Frachtschiffen in den letzten Jahrzehnten immens gewachsen ist, stehen Häfen nun vor mehr als nur einer Herausforderung. Konnte ein Containerfrachtschiff um die Jahrtausendwende noch ca. 8.000 TEU transportieren, so sind Frachtschiffe zwanzig Jahre später für die dreifache Kapazität, etwa 24.000 TEU, ausgelegt. Durch das sogenannte „Stacking“, also das direkte Aufeinanderstellen von Containern, wird es mit konventionellen Lagerungssystemen immer schwieriger, Abläufe schnell und zielgerecht durchzuführen. So dauert das Löschen und Verstauen von Containern meist mehrere Tage, was gleichzeitig auch längere Lieferzeiten der Güter zur Folge hat. Deshalb kämpfen Hafenbetreiber und Reedereien mit einem erhöhten Zeit- und Kostenaufwand bei gleichzeitigem Platzmangel.

Von „Coils“ zu BoxBay

Eine Lösung für diese Herausforderungen scheint nun ein internationales Joint Venture aus DP World, dem weltweit größten Betreiber von Containerhäfen, sowie der SMS Group, einem deutschen Spezialisten für Industrietechnik, gefunden zu haben. Zusammen haben die beiden Unternehmen, als Erste in der Branche, eine intelligente Lösung entwickelt die die Art und Weise wie Container in Häfen umgeschlagen werden, revolutioniert. Konkret handelt es sich hierbei um das Hochlagerregalsystem BoxBay. Ziel des Joint Ventures ist es, die vollständig automatisierten Hochregalbauten in Containerterminals weltweit zu integrieren. Dass die Zeit autonomer und automatisierter Technologien in der Logistik anbricht, kann niemand leugnen.

Der Ursprung der BoxBay-Technik findet sich bei der Tochterfirma AMOVA der SMS Group, die sich auf Hochregallager für den Umschlag von Stahlcoils – großen „Spulen“ aus Blechbändern, die aufgerollt gelagert und transportiert werden – spezialisiert hat. In einem bis zu 50 Meter hohen Regallagersystem sollten ca. 50 Tonnen Coils untergebracht werden können. Das Projekt war erfolgreich, bewährte sich und so kam das erworbene Know-How anschließend bei BoxBay zum Einsatz.

Doch was ist nun eigentlich BoxBay?

BoxBay ist ein neu entwickeltes Lagersystem, das Container – simpel gesagt – in die Höhe stapelt. Das klingt zuerst einmal gar nicht nach einer revolutionären Innovation. Doch das eigens kreierte Hochregalsystem zeichnet sich durch seine umweltfreundliche und clevere Lösung aus, bei der Container in einzelnen Regalfächern in einem elfstöckigen Stahlgestell gelagert werden. Die Container werden hier nicht wie sonst üblich direkt in- bzw. übereinandergestapelt, sondern sind in einer eigenen „Box“ jederzeit separat zugänglich. Es gibt keine Verzögerungen, weil beispielsweise der Container in Reihe 3, Etage 5 von den zwei darüber gestapelten Containern befreit werden muss. Auch diese zwei Container müssten beim derzeit gängigen System in der Zwischenzeit irgendwo abgestellt werden. Es verwundert also nicht, dass dieses neuartige Regalsystem den Platzbedarf in den Terminals um 70 Prozent reduzieren soll. Zusätzlich wird dadurch die Anzahl der Containerbewegungen um 65 Prozent verringert – im Vergleich zur bisher gängigen Lagerungsart des simplen „Stackings“.

Die "BoxBay" im Einsatz

Hohe Flexibilität und große Zeitersparnis

Sobald die Frachtschiffe die Container im Hafen abliefern, werden diese mit Containerbrücken gelöscht und von automatisierten oder bemannten Fahrzeugen zum Hochlager transportiert. Dabei kann es sich um traditionelle Auflieger-Lkws, Portalhubwagen oder aber unbemannte Transportsysteme handeln. Beim Regallager angekommen, erfolgt der Umschlag durch vollkommen integrierte, elektrisch betriebene Stapelkräne. Diese bewegen die Container sowohl in als auch aus den Slots, ohne dass andere Container dabei bewegt werden müssen. Übergabepositionen können auf allen vier Seiten des Lagersystems eingerichtet werden und ermöglichen dadurch eine hohe Flexibilität. Ein Rechenbeispiel: Mit einer etwa 700 m langen Anlage und 50 Stacker Cranes lassen sich dabei mehr als 500 wasserseitige und 300 landseitige Containerbewegungen – pro Stunde – durchführen.

Gerade für die großen Häfen der Welt dürfte das eine wichtige Kennzahl sein, denn Frachtschiffe werden immer größer und die Umschlagskosten werden ebenfalls nicht günstiger. Vor allem das Löschen der Ladung, aber auch das „Einlagern“ der Güter benötigen teilweise mehrere Tage. Jede eingesparte Stunde ist dabei bares Geld für die Reederei und den Hafenbetreiber und verkürzt darüber hinaus noch die Lieferzeit der Ware.

Ein zusätzlicher Vorteil, der dieses System in vielen Häfen zu einer populären Neuanschaffung werden lassen könnte: Das Hochregallagersystem ist universal einsetzbar und an jedes Terminal passend skalierbar. Es kann modular erweitert werden und garantiert immer einen direkten Zugang zu den jeweiligen Containern.

Ein nachhaltiger Beitrag für die Zukunft

Neben der gesteigerten Lagerkapazität und der intelligenten Technologie könnte BoxBay auch aufgrund seines Potentials für einen umweltfreundlichen Betrieb interessant sein. Denn das System bietet nicht nur Häfen, sondern gerade auch der Umwelt eine Reihe von Vorteilen: Während des Containerumschlags wird durch Energierückgewinnungssysteme die Erzeugung von Strom ermöglicht. Zudem soll das gesamte System vollständig mit Strom von Solarzellen auf dem Dach versorgt werden. Dies liefert laut Hersteller sogar deutlich mehr Energie, als eigentlich für den Betrieb benötigt wird. Die Energiezufuhr dieser Art würde es dem Hochregallager ermöglichen, CO2-negativ zu werden. Ein weiterer Schritt zur Dekarbonisierung von Lieferketten wäre getan.

Ein weiterer Benefit ist, dass das Hochlagerregal – da automatisiert – nicht extra beleuchtet und auch der Lärmpegel dank schalldämmenden Paneelen an der Seite auf einem Minimum gehalten wird. So stellt ein mehrstöckiges Hochregal im urbanen Raum weder eine Lärmbelästigung dar, noch stört es durch übermäßige Beleuchtung.

Testphase und Go-live

Das erste BoxBay-Hochlagerlager in Originalgröße wurde in Dubai im Jebel Ali Port errichtet und über einem Zeitraum von sechs Monaten getestet. Nach einer Vielzahl an Tests und damit einhergehenden Anpassungen konnte die Leistung nochmals erhöht und die kalkulierten zukünftigen Investitionskosten minimiert werden. Zudem sind laut dem Unternehmen die erwarteten Betriebskosten deutlich geringer als Anfangs erwartet – allein der Energieverbrauch sei während der Testphase um 29 % gesunken. Aktuellen Zahlen zufolge können derzeit 792 Container gleichzeitig in der Anlage gelagert werden und seit der Inbetriebnahme Ende 2020 wurden mehr als 80.000 Containerbewegungen verzeichnet. Das erste BoxBay-Lagersystem ist also „zukunftsfit“ und startklar.

Nach Abschluss der Testphase gelten die wichtigsten Faktoren eines solchen Systems also nicht nur als erfüllt, sondern als übertroffen. Jetzt bleibt eigentlich nur noch zu sehen, wann BoxBay auch in anderen Häfen eingesetzt wird und ob sich das vielversprechende System auf dem Weltmarkt bewähren kann!