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China feiert sein Neujahr

Auf den Büffel folgt der Tiger

Am 1. Februar 2022 ist es wieder soweit: In China und Ostasien begrüßen Millionen Menschen mit einem farbenprächtigen Fest das Jahr des Wasser-Tigers. Der gesetzliche Feiertag und die anschließenden traditionellen Ferien gelten normalerweise als das bedeutendste Ereignis im Jahr. Wenn nicht gerade die COVID-19 Pandemie alles durcheinander bringt, hat der chinesische „Jahreswechsel“ umfangreiche Auswirkungen auf den Jobmarkt, die Produktivität und die Logistik im Reich der Mitte – quasi ein „Shutdown“ auf Chinesisch.

Das Datum für den Jahreswechsel richtet sich nach dem chinesischen Mondkalender und findet immer zwischen 21. Jänner und 20. Februar statt. Begonnen wird mit den Feierlichkeiten traditionell am Vorabend (“Chuxi”). Danach geht es weiter mit dem sogenannten Reunion Dinner am Neujahrstag (“Chuyi”). Am 15. Tag des 1. Mondmonats und somit dem letzten Tag des Frühlingsfestes, wie es auch genannt wird, findet das große Laternenfest (“Yuanxiao”) statt.

Millionen unterwegs

Das Frühlingsfest hat nicht nur auf Grund der traditionellen Feierlichkeiten große Bedeutung. Für die Chinesen ist es ebenso Tradition, nach Hause in ihre Heimatdörfer zu reisen, was weltweit Jahr für Jahr die größte Völkerwanderung in Gang setzte. Alleine 200 Millionen Wanderarbeiter kehrten vor der Pandemie aus den Wirtschaftsmetropolen in ihre Heimat zurück. Die chinesische Regierung zählte damals rund um das Fest 2,98 Milliarden Reisebewegungen. Schätzungen zu Folge sind insgesamt ungefähr 58 Millionen Menschen nach Hause geflogen und 356 Millionen per Zug in ihre Heimat gereist.

Zugunternehmen und Airlines stehen in diesen Zeiten vor einer logistischen Mammutaufgabe, Komplikationen sind so gut wie vorprogrammiert. In den Zügen herrscht dichtes Gedränge, vor den Ticketschaltern bilden sich unendliche Schlangen und der Schwarzmarkt für Tickets boomt. Abgesehen davon steht China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, quasi still. Behörden, Schulen, Universitäten, Fabriken, Büros und Baustellen bleiben in der Zeit vom Neujahrsfest bis zum siebten Tag des ersten Mondmonats im chinesischen Kalender (ca. 23 Tage) geschlossen.

Wenn alles still steht

Arbeitgeber von Wanderarbeitern müssen mit noch längeren Produktionsausfällen rechnen. Denn da unmittelbar vor und nach den Festtagen Flug-, Bahn- und Bustickets schwer zu ergattern sind, verlassen 100 Millionen von Wanderarbeitern bereits Wochen vor dem Fest ihre Baustellen und Fabriken. Ungewiss ist, wann und ob sie überhaupt zu ihren Arbeitsstellen zurückkehren. Regulär Beschäftigte haben nach offizieller Regelung zehn Tage frei und müssen für zusätzliche freie Tage Urlaub beantragen. Wanderarbeiter hingegen, die meist ohnehin über keinen Arbeitsvertrag verfügen, haben keine geregelten Urlaubszeiten. Sie entscheiden selbst über Kommen und Gehen und können somit der Arbeit auch für viele Wochen fernbleiben.

In den letzten 20 Jahren war in China eine hohe Fluktuation rund um das Frühlingsfest zu beobachten. Mittlerweile sind viele Arbeitgeber mehr um ihre Mitarbeiter bemüht. Sie befürchten, dass viele ihrer Arbeitnehmer nach den Feiertagen nicht mehr zurückkehren, was aufgrund des zunehmenden Mangels an Arbeitskräften zu fatalen Folgen führen kann.

Werden die Einkaufsmanager im Jänner nach ihren Geschäftsaussichten befragt, geben sie daher meist schlechte Werte an. Spätestens ab Mitte März, wenn die meisten Wanderarbeiter – hoffentlich - zurückgekehrt sind, zeigen die Arbeitgeber erfahrungsgemäß wieder sehr viel mehr Zuversicht.

Geduld ist das Gebot der Stunde

Auch für Kunden und Handelspartner auf der ganzen Welt hat das chinesische Neujahrsfest handfeste Auswirkungen, muss doch mit längeren Warte-, Produktions- und Angebotszeiten gerechnet werden. In der Regel geht für mindestens zwei Wochen so gut wie gar nichts. Je später Ihre Bestellung vor dem Fest eingegangen ist, umso später kommt sie in den wieder aufgenommenen Produktionsprozess. Die angespannte Situation rund um Corona-Lockdowns und umfassende Test- und Quarantänevorschriften verschärft die ganze Situation noch zusätzlich.

Vorteile kann allenfalls die exportierende Wirtschaft erwarten – so setzen etwa internationale Obstbauern in dieser Zeit regelmäßig auf gute Geschäfte mit China, dürfen doch z.B. Orangen in üppigen Mengen bei keinem Neujahrsfest fehlen.

In jedem Fall ist es angemessen, Ihren chinesischen Geschäftspartnern, Freunden oder Bekannten in den nächsten Wochen ein frohes, neues Jahr zu wünschen. “Xīnnián kuàilè”  - 新年快乐 – heißt es dann, was ganz einfach "sshin-nyen kwhei-leh" auszusprechen ist. Wir schließen uns selbstverständlich den Wünschen an.