Kontakt Flappe öffnen
Wie haben Sie Ihren Sommerurlaub verbracht?

Willkommen in der Container-Klasse

Sie denken, Sie haben alles gesehen – vom Luxusdampfer mit 5-Sterne Superior Suite bis zum nachhaltigen Hideaway mit Aktivprogramm weitab vom Touristen-Mainstream? Aber haben Sie schon einmal an eine Reise in der „Container Class“ gedacht? Organisationsgeschick, Flexibilität und ein saftiges Zeitbudget sind allerdings gefragt. Als Belohnung warten Entspannung, unkonventionelle Einblicke und ungeahnte Erlebnisse.

Jedes Jahr ist etwa eine Milliarde Touristen weltweit unterwegs – auf der Suche nach Entspannung oder Abwechslung, um sich „zu verlieren“ oder auch, „um sich zu finden“. Die Beweggründe für eine Reise sind vielfältig. In jedem Fall aber bietet sie einem viele Eindrücke und hinreichend Gesprächsstoff. Von ganz besonderen Erlebnissen kann man erzählen, wenn man sich einer bisher eher unüblichen Art des Reisens hingibt und als Passagier auf einem Frachtschiff mitfährt.

Mittendrin statt VIP

Das Augenscheinlichste zuerst: Annehmlichkeiten sucht man auf einem Frachtschiff natürlich vergebens. Denn hier hat man mehr die Rolle des „Mitfahrers“ und nicht jene des „Kunden“. Es gibt weder Animateure oder Freizeitprogramme, noch Wellnesseinrichtungen. Die Crew schuftet nicht für die Passagiere, sondern für das Schiff und die Ladung. 
Ausflüge auf das Land sind zwar möglich, allerdings nur gestattet, wenn diese mit der Schiffsführung abgesprochen sind und Route und Zeitplan es zulassen. Wer dann nicht rechtzeitig von seinem Ausflug zurückkehrt, muss damit rechnen, dass das Schiff ohne ihn wieder ablegt. Auch die bei der Buchung genannten Liegezeiten im Hafen sind unverbindlich. Denn diese richten sich nicht nur nach der vorherrschenden Wetterlage, sondern auch nach den Lade- und Löscharbeiten und danach, wie viele Kräne und Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Sie können somit einige Stunden, aber auch mehrere Tage dauern.  Flexibilität ist also gefragt.

Komfort? Angemessen.

Auf einem Frachtschifft wartet auf den Passagier zwar kein Luxus – Komfort ist aber nicht völlig außer Reichweite. Denn die gigantischen Schiffe verfügen nicht selten über Swimmingpool, Sonnenterrasse, Bibliothek oder Bar. Auch die Kabinen sind oftmals recht gut ausgestattet und mit etwas Glück sogar mit einem Kühlschrank und einem Fernseh- und Videogerät versehen. Waschmaschinen und Trockner stehen zur Verfügung – der Crew ebenso wie den Gästen. Als „Unterhaltungsprogramm“ dient das Alltägliche. Immerhin ist es Passagieren in der Regel erlaubt, sich, abgesehen vom Fracht-, Maschinenraum und der Küche, frei auf dem Schiff zu bewegen. Wem die Dimensionen moderner Containerschiffe geläufig sind, der kann sich ausmalen, was für Spaziergänge an Deck möglich sind. Sogar eingeschränkte Zugänge auf die Brücke sind gewährt, um so Anteil am Alltag auf hoher See nehmen zu können. Ein Steward an Bord kümmert sich oftmals um das allgemeine Wohl – der Mitreisenden wie auch der Besatzungsmitglieder.

Der Komfort ist spärlich, doch der Ausblick ist herrlich

Hand gegen Koje

Wer früher ein Frachtschiff als „Mitfahrgelegenheit“ nutzen wollte, konnte versuchen, den Kapitän von seinen handwerklichen Fähigkeiten zu überzeugen und gegen Arbeit am Schiff einen Schlafplatz auszuhandeln. Solche Absprachen sind heute freilich nicht mehr möglich. Die Crew eines Frachtschiffes besteht in der Regel aus höchstens 20 bis 30 Besatzungsmitgliedern, von denen jeder einzelne professionell eingeschult ist und jeder Handgriff sitzt. Ein unerfahrener Laie würde hier nur hinderlich sein.
Da sich aber eine wachsende Anzahl an Reisehungrigen der Faszination hingeben wollen, mehrere Wochen über das Meer zu reisen und als einzige Aussicht den Ozean und den darin überlaufenden Horizont zu genießen, bieten immer mehr Reedereien als Zusatzgeschäft „Mitfahrgelegenheiten“ an. Maximal zwölf Gäste dürfen an Bord eines Frachtschiffes mitgenommen werden, ansonsten ist die Anwesenheit eines Arztes nach internationalem Seerecht verpflichtend. 

Neue Touristiksparte

Mittlerweile zeigt das Passagierinteresse klar nach oben und es werden unterschiedlichste Reiseziele sowie Reisezeiten angeboten. So verkehren beispielsweise auf der Route von Europa nach Asien mehrere nahezu baugleiche Container-Giganten. Eine solche Rundreise in 77 Tagen kann man ab 7700 Euro buchen. Alternativ gibt es den einfachen Weg von Port Kelang bis Hamburg in 22 Tagen ab 2200 Euro. Sogar die 112-tägige Reise von Genua über China bis zur US-Westküste und zurück wird angeboten. Rund 9520 Euro muss man für die außergewöhnliche Experience auf die Planken legen.

Doch auch kürzere und damit erschwinglichere Teilstrecken sind gegebenenfalls buchbar, wie zum Beispiel die recht überschaubare Route auf Binnengewässern von Straßburg nach Dortmund in nur sechs Tagen ab 540 Euro. Die Preise decken Beförderung, Kabine und Verpflegung an Bord ab. Hinzu kommen noch das „Hafengeld“ (Ein- und Ausschiffungsgebühren) sowie Kosten für diverse Versicherungen – denn diese haben durchaus ihre Berechtigung.

Versichert reist es sich besser

Da kein Arzt an Board ist, ist eine Deviationsversicherung höchst anzuraten. Denn diese versichert für den Fall, dass das Schiff wegen Erkrankung eines Mitreisenden vom Kurs abweichen muss und vorgegebene Termine somit nicht eingehalten werden können. Bei Buchung vom Reiseexperten wird eine solche Versicherung daher automatisch mit abgeschlossen. Zusätzlich sind Reise- und Haftpflichtversicherung ebenfalls Pflicht: Kaum auszumalen, wie eine ernsthafte Erkrankung oder ein medizinischer Notfall mitten im Pazifik ausgehen könnte.

Der Weg ist das Ziel

Wen nun die Versuchung packt, sein nächstes Reiseziel via Containerschiff zu erreichen, sollte auf jeden Fall viel Zeit im Gepäck haben – dafür wird mit unvergleichlichen Eindrücken belohnt. Statt enger Sitzreihen, mühsamen Anstehens, knapper Besuchsprogramme und flüchtiger Eindrücke warten vor allem Ruhe, ein neues Gefühl für Distanzen und der unvergleichliche Luxus, das Meer in seinen schönsten Facetten kennenzulernen. Denn es ist wahrlich erstaunlich, in wie vielen verschiedenen Blau-, Grün-, Grautönen es sich dem geduldigen Betrachter zu präsentieren vermag.

Unzählige Schattierungen von Blau, Grün und Grau