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Ein Gespräch mit Feng Xu Bin, Vorstand von YXE Yiwu Rail

„Diese Form der Unterstützung wird nicht ewig anhalten“

YXE Yiwu Rail ist einer der führenden chinesischen Anbieter von Schienentransportlösungen aus der ostchinesischen Provinz Zhejiang. Der Bahnbetreiber bietet insgesamt neun Verbindungen in europäische und zentralasiatische Destinationen an, darunter das längste Frachtzug-Service der Welt, zwischen Yiwu und Madrid. Wir haben uns mit Feng Xu Bin, Vorstand von YXE Yiwu Rail, über staatliche Subventionen in China, Tracking mit Hilfe der Blockchain-Technologie und ungehobene Potentiale entlang der Seidenstraße unterhalten.

„Vom derzeitigen Standpunkt aus betrachtet wird die Subventionierung durch die Regierung auch in der nahen Zukunft nicht aufhören. In dieser frühen Entwicklungsphase des Schienentransports zwischen China und Europa ist es sinnvoll und vorteilhaft für die Entwicklung der Branche und ermöglicht vielen Logistikunternehmen, Fuß zu fassen.“

Feng Xu Bin sieht in der Bezuschussung viele Vorteile.

 

Interviewer: Als weltgrößte Exportnation investiert China im Rahmen der „New Silk Road“ massiv in den Ausbau zahlreicher Transportachsen und Absatzmöglichkeiten. Vor allem mit dem Ausbau der transasiatischen Zugstrecken möchte China eine Alternative zum Containerschiff anbieten. Im Vergleich zur Seefracht werden aktuell jedoch nur 2 % des gesamten Frachtaufkommens zwischen der EU und China per Bahn transportiert. Welches Potential sehen Sie hierfür in den nächsten Jahren?

Feng Xu Bin: Als wir 2011 mit dem Chila Railway Express starteten, fingen wir bei null an. Seither ist der Service immens gewachsen und die Volumen haben sich stetig vergrößert. Am 26. August 2018 kam der X8044 CR Express, der die Strecke Hamburg-Wuhan bedient, erfolgreich in Wuhan an und markierte somit den mittlerweile zehntausendsten Transport des China Railway Express.

In den meisten entwickelten Ländern macht der Transport per Bahn heutzutage 20 bis 40 Prozent des gesamten Frachtvolumens aus. Das ist wesentlich höher als in China, wo es derzeit nur rund zwei Prozent sind. Somit gibt es ein massives Entwicklungspotential, und das ist auch eine Herausforderung für unsere Schieneninfrastruktur. Wir rechnen in den kommenden drei Jahren mit einem Anstieg auf fünf bis acht Prozent.

Was sind Ihre langfristigen Pläne im Ost-West-Verkehr auf der Seidenstraße im Hinblick auf Investitionen und mögliche Erweiterungen der jährlichen Zugverbindungen?

In den vergangenen Jahren kam es aufgrund mehrerer Schwierigkeiten an europäischen Umschlagsplätzen leider immer wieder zu Verzögerungen des China Railway Express. Wenn diese behandelt werden können, dann rechnen wir mit einer Reduktion der Laufzeiten von zwei bis drei Tagen.

Die erste Problematik ergibt sich aus der Verdoppelung der Verbindungen des China Railway Express. In Verbindung mit der schwächer entwickelten Bahninfrastruktur der Länder entlang der Strecke hat diese zur Überlastung einiger wichtiger Hubs während bestimmter Zeiten geführt. Wir müssen Routen und Ressourcen integrieren und optimieren, um in weiterer Folge einen optimalen Betrieb an den europäischen Hauptumschlagszentren zu gewährleisten.

Der zweite Faktor sind Zollabfertigungsprozesse. Da der China Railway Express die ganze Strecke zwischen China und Europa abdeckt, erfordert die Zollabfertigung eine Koordination zwischen mehreren Ländern. Dadurch kommt es zu unterschiedlichen Verzögerungen bei Quarantäne- und Zollverfahren. Zolldokumente sollten besser integriert werden, damit Zollabwicklungsprozesse effizienter gestaltet werden können.

Ein weiterer Grund für Verzögerungen liegt weiterhin in den unterschiedlichen Spurbreiten, die es notwendig machen, entlang der gesamten Route des China Railway Express mindestens zwei Mal umzuladen. Auch das wirkt sich negativ auf die Transporteffizienz aus.

„Mit der voranschreitenden Weiterentwicklung des Marktes wird der Bahntransport zwischen China und Europa als zeiteffiziente und hochwertige Alternative zur Seefracht an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. “

Der Vorstand von YXE Yiwu Rail zweifelt nicht am langfristigen Erfolg der Bahnverbindungen zwischen China und Europa. 

Derzeit stützt sich der Schienentransport auf der Seidenstraße stark auf Subventionierungen von der Regierung. Wie bewertet Ihr Unternehmen vor diesem Hintergrund die kurz- und längerfristige Entwicklung der Raten im Schienentransport zwischen China und Europa im Vergleich zur Seefracht?

Vom derzeitigen Standpunkt aus betrachtet wird die Subventionierung durch die Regierung auch in der nahen Zukunft nicht aufhören. In dieser frühen Entwicklungsphase des Schienentransports zwischen China und Europa ist die staatliche Bezuschussung sinnvoll und vorteilhaft für die Entwicklung der Branche und ermöglicht vielen Logistikunternehmen, in diesem Bereich Fuß zu fassen. Doch selbstverständlich wird diese Form der Unterstützung nicht ewig anhalten. Der einzige langfristig effektive Weg, die Branche zu entwickeln, liegt in einer guten Vermarktung der Dienstleistungen. Dazu gehört einerseits eine ausgewogenere Verteilung zwischen Ost- und Westverkehr und andererseits die Weiterentwicklung der Services.

Eine bessere Verteilung zwischen Ost- und Westverkehr würde eine effizientere Nutzung von Waggons und Containern ermöglichen und somit helfen, die Frachtraten zu senken. Momentan ist die Anzahl an Waren, die von Europa nach China importiert werden, gering. Das liegt am Ungleichgewicht des Handels zwischen China und Europa, am Wettbewerb mit der traditionell kostengünstigen Seefracht und an den hohen Kosten für den Kurzstrecken-Vor- und Nachlauf per LKW in Europa. Zuletzt hat sich aber auch das zunehmend gebessert und auch die Anzahl der Rückfahrten steigt.

Seit der Einführung der „One Belt, One Road“-Strategie in China hat der Markt ein neues Verständnis vom Schienentransport gewonnen und die Öffentlichkeit schenkt dem Bahntransport zwischen China und Europa mehr Beachtung. Die Frachtraten im Schienenverkehr unterliegen einem starken Wettbewerb und internationale Logistikfirmen haben begonnen, Door-to-Door-Services mit attraktiveren Frachtraten anzubieten. Obwohl die Bahnfrachtraten in letzter Zeit begonnen haben, schrittweise zu sinken, sind sie immer noch 80-100% höher als die Seefrachtraten. Mit der voranschreitenden Weiterentwicklung des Marktes wird der Bahntransport zwischen China und Europa als zeiteffiziente und hochwertige Alternative zur Seefracht an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.

Eine Herausforderung der Neuen Seidenstraße ist das offensichtliche Ungleichgewicht zwischen ost- und westgehendem Verkehr zwischen China und Europa. Doch in letzter Zeit war eine leichte Umkehr dieses Trends zu beobachten: An einigen chinesischen Zugterminals gab es 2018 bereits mehr Schienenverkehr von Europa nach China als in die andere Richtung. Denken Sie, dass diese Entwicklung sich weiter steigern könnte und das Ungleichgewicht in Zukunft ausgleichen könnte?

Wir glauben, dass diese Entwicklung den Wandel der wirtschaftlichen und industriellen Strukturen zwischen China und Übersee widerspiegelt. Chinas industrieller Fokus bewegt sich weg von Billigverarbeitung in Richtung mittel- und hochwertiger Produktion. Wir sind sehr optimistisch angesichts dieses Wandels und halten es für durchaus möglich, dass das Ungleichgewicht zwischen Import und Export in Zukunft aufgebrochen wird.

Die voranschreitende Digitalisierung ermöglicht viele Verbesserungen und ungeahnte Chancen in Transport- und Logistikprozessen. Was sind Ihre Pläne in diesem Bereich?

Der grundlegende Zweck moderner Logistik ist es, die Effizienz logistischer Prozesse zu steigern, Kosten zu senken, Kundenanforderungen gerecht zu werden und sich kontinuierlich mit Trends wie Informationstechnologie, Netzwerken, Künstlicher Intelligenz und Standardisierung mitzuentwickeln. Informationstechnologie ist der Kern moderner Logistik. Wenn die von IT gebotenen Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden, kann man die Trennlinien zwischen Transport und Produktion sowie zwischen verschiedenen Branchen aufbrechen und eine integrierte Planung und Kontrolle der gesamten Liefer- und Transportprozesse ermöglichen.

Wir verwenden eine auf Blockchain basierende Technologie, um logistische Daten aus dem Ausland importierter Waren zu tracken, hochzuladen und zu verifizieren. Wir wollen eine One-Stop-Plattform schaffen und „Package“-Lösungen sowie Integrationsmöglichkeiten anbieten. Ziel ist es, Vorholung, Lagerung und Distribution aus einer Hand für internationale Handelstransaktionen in den Bereichen B2B, B2C und C2M (consumer to manufacturer) zu ermöglichen.

„Informationstechnologie ist der Kern moderner Logistik. Wir verwenden eine auf Blockchain basierende Technologie, um logistische Daten aus dem Ausland importierter Waren zu tracken, hochzuladen und zu verifizieren.”

Der Vorstand von YXE Yiwu Rail schätzt die Vorteile und Chancen welche die Digitalisierung bereit hält. 

 

Chengdu plant, das erste vollautomatisierte Zugterminal Chinas zu bauen. Das neue Terminal wird 1,5 Millionen Container pro Jahr abwickeln können und seine Effizienz so weiter steigern. Denken Sie, dass es im Rest Chinas bald ähnliche Projekte geben könnte?

Ja! Die Bahnverbindungen zwischen China und Europa haben sich in den vergangenen paar Jahren rapide entwickelt. Auch die Bahnbetreiber haben sich immens weiterentwickelt, nicht nur in Bezug auf Transportrouten und Volumen, sondern auch im Hinblick auf Verbesserungen der operativen Effizienz und des technischen Equipments. Die Pläne für das vollautomatisierte Bahnterminal in Chengdu sind eine Herausforderung an den traditionellen Bahnverkehr und markieren einen neuen Trend in der Entwicklung des Schienentransports.

cargo-partner ist seit 15 Jahren in China aktiv und bietet ein breites Spektrum an Luft- und Seefracht-, Kontraktlogistik-, Schienen- und Straßentransportlösungen sowie Inlandverteilung und länderübergreifende LKW-Transporte in der ASPAC-Region und Speziallösungen für Online-Business an. Wie unterscheidet sich die Zusammenarbeit mit einem mittelständischen Logistikunternehmen wie uns von der Kooperation mit den sogenannten „Big Playern“ in der Branche?

Im Hinblick auf Angebot und Nachfrage brauchen Kunden professionelle Partner, die stabilen und qualifizierten Service anbieten, während Bahnbetreiber wiederum von stabilen Volumina ihrer Kunden abhängig sind. Wir sind froh, dass cargo-partner uns als einen seiner Partner im Schienentransport zwischen China und Europa gewählt hat. Unsere Zusammenarbeit verläuft reibungslos und erfreulich, und wir hoffen auf eine weitere positive Entwicklung sowie anhaltende gegenseitige Unterstützung in der Zukunft. Als Bahnbetreiber bieten wir allen unseren Kunden – egal welcher Unternehmensgröße – den bestmöglichen Service und richten uns dabei nach der jeweiligen Strategie und den Anforderungen des Kunden.

Wir danken Ihnen für das Interview!