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Wird aus dem "Giganten der Lüfte" jemals eine Frachtmaschine?

A380F – der Riese, der niemals als Frachter abhob

Bereits ein Jahr ist seit Airbus‘ Ankündigung vergangen, die Produktion des jetzt schon legendären A380 im Jahr 2021 auslaufen zu lassen. Der riesige vierstrahlige Flieger mit zwei durchgehenden Passagierdecks war bereits seit seinem Erstflug etwas Besonderes und zog alle Blicke auf sich. Doch anders als bei seinem nicht minder berühmten Pendant – der Boeing 747 vulgo „Jumbo-Jet“ – wird sich womöglich nie eine Frachtversion in die Lüfte erheben. Dabei begann die Geschichte des A380 nicht nur als Frachtflugzeug mehr als vielversprechend.

Straight from the 80ies

Ehe der Erstflug am 27. April 2005 unter großem Andrang der Weltpresse absolviert wurde, war für den A380 ein langer Weg zu gehen. Die Entwicklung der Maschine geht bis in die 1980er-Jahre zurück, als Airbus erste Machbarkeitsstudien bezüglich seines Großflugzeuges erstellte. Von Anfang an sollten Konzepte für eine Passagier- sowie für eine Frachtvariante projektiert werden. In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre ergab sich dann eine Marktsituation, die Airbus zu der Einschätzung brachte, seine Pläne zu einem Großraumflugzeug wie dem A380 in die Realität umsetzen zu können. Man sieht, von der ersten Idee bis zum ersten Abheben ist es ein langer Zeitraum.

 

Gigant der Lüfte blieb hinter den Erwartungen

Trotz der öffentlichen Euphorie sollte dem A380 als „König der Lüfte“ der ganz große Erfolg versagt bleiben. Die Passagiere waren und sind bis heute begeistert vom einzigartigen Fluggefühl, dem hohen Reisekomfort und der großzügigen, geräumigen Ausstattung für bis zu 853 Personen. Selbst nach fast einem Dutzend Einsatzjahren ist für viele Reisende ein Flug mit dem majestätischen Riesenvogel ein Erlebnis. Obwohl die Einführung des A380 anfangs sehr gut verlief, entwickelte sich der internationale Luftverkehr leider in eine andere Richtung.

 

Eine fatale Entwicklung

Ursprünglich sollten die großen Maschinen als Verteiler zwischen den großen Flug- und Umsteigehubs der Welt dienen und die Passagiere dort auf Flüge zu ihren eigentlichen Destinationen umsteigen. Dennoch wurden von den Passagieren auch weiterhin Direktflüge auf Routen gebucht, die der A380 wegen seiner schieren Größe nicht anfliegen konnte. Hinzu kam, dass auch viele dieser zweitrangigen Flughäfen die erforderlichen Investitionen für Umbauten und Erweiterungen bei Terminals und Runways aus Kostengründen nicht durchführen wollten.

Zudem gilt der vierstrahlige Jet mit 73 Metern Länge, 24 Metern Höhe und 560 Tonnen Startgewicht als extrem kerosinhungrig. Selbst wenn man das Gewicht und den Verbrauch in Relation zu der sehr hohen Anzahl an Sitzplätzen stellt, erledigen modernere Großraumflugzeuge den Job mittlerweile besser und vor allem günstiger. Allen voran die Boeing 787 und der Airbus A350 sind im Betrieb um bis zu 15 Prozent kostengünstiger. Das ursprünglich angepeilte Ziel von 1.500 verkauften Einheiten konnte niemals erreicht werden und am Ende wurden es lediglich 250 Stück, welche die Werkshallen verließen. 

 

Von Anfang an auch als Frachter geplant

Den Wenigsten ist bekannt, dass Airbus konkrete Pläne für einen „A380F“ – die Frachtvariante des Giganten – verfolgte. Zu den Erstbestellern des A380 gehörten von Beginn an beispielsweise auch FedEx und UPS. Beide Logos prangten bereits beim Premierenflug neben anderen Bestellern wie Emirates, Etihad, Thai, Air France & Co. hinter der Pilotenkanzel. Neben Zeit- und Treibstoffeinsparungen war auch die Reichweite ein weiteres Argument für den Riesenvogel: Direktflüge direkt von Paris nach Asien sollten den Betreibern große Vorteile bieten.

So verwundert es nicht, dass bereits zwanzig Frachtversionen (mit zwanzig weiteren Nachbestellungen in Aussicht) in Airbus‘ Auftragsbüchern standen, ehe es den Flieger tatsächlich gab. Immerhin sollte die ursprünglich projektierte Maschine auf drei Ladeebenen fast doppelt soviel Fracht mitnehmen können wie die damals populäre MD-11F.

Technikwunderwerk mit viel Platz

Rund 1.130 Kubikmeter Fracht fanden im Inneren Platz und hätten nonstop 11.100 Kilometer weit transportiert werden können. Aber sowohl FedEx als auch UPS stornierten ihre Maschinen relativ bald nach dem ersten Abheben, nachdem es bei Airbus zu ernsten Verzögerungen bei der Auslieferung des A380 kam. Die Aussicht auf eine um rund drei bis vier Jahre verspätete Auslieferung führte zu einem Umdenken und versetzte dem A380F den Todesstoß, ehe er jemals von einem Flugfeld abheben konnte. Zusätzlich hatte Airbus mit der zeitgerechten Lieferung der Passagierversion ohnehin alle Hände voll zu tun. Die anfangs für 2015 angekündigte Wiederaufnahme des Frachter-Projekts sollte schlussendlich still und leise entschlafen.

 

Vernünftige Nutzung physikalisch überhaupt möglich?

Doch was hindert Carrier derzeit daran, den überdimensionierten Riesen gebraucht zu erwerben und als Frachtflugzeug („P2F“) zu verwenden, so wie es mit der Boeing 747F weltweit mit Erfolg praktiziert wird? Neben pragmatischen Gründen, wie zum Beispiel hohen Umbaukosten zur Entfernung der beiden Passagierebenen, haben sich zuletzt auch Stimmen gemehrt, die zwei wichtige Faktoren ins Treffen führten: Volumen und Gewicht. Würde ein hypothetischer A380-Frachter überhaupt abheben können, wenn er voll beladen wäre? Erreicht die Maschine nicht eher ihre maximale Tragfähigkeit, noch ehe der gesamte Laderaum ausgenutzt werden kann? Beides berechtigte Fragen, wenn es um die Wirtschaftlichkeit geht.

 

Eine einfache Rechnung

Eine 747F fasst 710 m³ Fracht und erlaubt ein maximales Ladungsgewicht von 448 t, während eine Frachtvariante der A380 auf 1.134 m³ beziehungsweise eine mögliche Beladung von 575 t kommen würde. 60 % mehr Kubikmeter Fassungsvermögen klingen imposant, zeitgleich könnte Airbus jedoch nur 28 % mehr Gewicht in die Luft bringen. Von einer durchschnittlichen Dichte gängiger Beladungen ausgehend, kann die maximale Nutzung des Laderaums rein rechnerisch nicht erreicht werden. Man wird also sehen, wann – oder besser ob – sich ein A380 als Frachtflugzeug in ferner Zukunft in die Wolken erheben wird. Für die Fans dieses einzigartigen Flugzeugs wäre es definitiv ein spannender Anblick.